Transport System Bögl

Bild: Michael Mrugalla

Auf der Innotrans 2022 begegnete ich auf dem Stand des Fraunhofer-Instituts zum ersten Mal bewusst dem Transportsystem Bögl. Vorgestellt wurde eine Magnetschwebebahn für den Nahbereich auf der Basis der Magnetschwebetechnik, die konzeptionell mit einem „People Mover“ vergleichbar ist, den es im Bereich von Flughäfen bereits gibt. Besonders überraschend war für mich zudem, dass es ganz in der Nähe von Nürnberg bereits eine funktionstüchtige Versuchsanlage mit einer Länge von 800 m gibt.

Hier wird ein Nahverkehrssystem erprobt, das in vollkommener Eigenregie entwickelt wurde und eine Alternative zu den klassischen Systemen werden könnte.

Industriell vorgefertigt kann der Fahrweg aus Betonelementen relativ schnell in vorhandene Strukturen integriert werden und ist auf Höchstgeschwindigkeiten von maximal 150 km/h ausgelegt. Damit ist dieses System für den Personentransport im Regional-, Nah- und Shuttleverkehr geeignet und kann je nach Konfiguration zwischen 7.200 bis 34.290 Personen pro Stunde und Richtung befördern.

Das „Transport System Bögl“ (TSB) ist als vollautomatisches und führerloses System ausgelegt. Die Fahrzeuge können aus bis zu sechs Sektionen mit je 12 m Länge (Gesamtlänge 72 m) und 2,80 m Breite bestehen.

Für das Schweben des Fahrzeugs wird das elektromagnetische System angewendet, bei dem ein mit Gleichstrom erregter Elektromagnet das ferromagnetische Material auf der anderen Seite eines Luftspaltes magnetisiert, wodurch eine Anziehungskraft entsteht. Eine aktive Luftspaltregelung gewährleistet mit Hilfe einer schnellen und effizienten dynamischen Regelung einen konstanten Luftspalt. Bewegt wird das Fahrzeug durch einen im Fahrzeug installierten Kurzstator-Linearantrieb. Die Energieversorgung erfolgt mit 750V Gleichspannung. Die Stromversorgung erfolgt durch Stromabnehmer, die auf der unten liegenden Stromschiene arbeiten. In Verbindung mit dem elektromagnetischen Trage- und Führungssystem gewährleistet der Linearantrieb hierbei die Herstellung eines stabilen Schwebezustands sowie eines energieeffizienten Vortriebs. Da sich alle wesentlichen Antriebskomponenten im Fahrzeug befinden, enthält der Fahrweg weitestgehend passive Elemente, wie die Reaktionsschienen für Magnet und Motor und die Stromschienen für die Energieversorgung. Gleitkufen dienen dem sicheren Absetzen des TSB-Fahrzeugs auf den beiden Stromschienen nach Beendigung des Schwebeprozesses. Die Detailansicht der Fahrwerkskomponenten verdeutlicht das Schwebe- und Antriebskonzept.

Links zeigt der Querschnitt durch den Fahrweg der Magnetschwebebahn, dass dieser den Tragrahmen des Fahrzeuges umschließt und damit alle wichtigen Funktionselemente vor äußeren Einflüssen gut geschützt sind. Das rechte Bild zeigt den prinzipiellen Aufbau der Magnetschwebetechnik, bei dem das Fahrzeug im Stillstand auf der Stromschiene steht und im Betrieb an die obere Reaktionsschiene gezogen wird. Die Regelungstechnik sorgt dabei für einen konstanten Luftspalt zwischen Magnetspule und Reaktionsschiene. (zum Vergrößern aufs Bild klicken)

Der Fahrweg besteht aus Betonfertigteilen, die industriell mit hoher Genauigkeit hergestellt werden und sehr flexibel zu einem frei konfigurierbaren Fahrweg zusammengefügt werden können. Der Fahrweg umschließt den Schweberahmen des Fahrzeugs, dadurch ist eine gut geschützte Anordnung sowohl der Stromschienen als auch der Reaktionsschienen der Magnettechnik möglich. Das Abbremsen erfolgt beim TSB ausschließlich elektrisch durch Umpolung des Magnetfeldes sowie bei Notbremsungen mechanisch durch Absetzen auf den Notbremsbelägen des Fahrzeuges.

Die gesamte Technik ist eine Eigenentwicklung der Fa. Bögl. Das Versuchsfahrzeug wurde von der Fa. HeiterBlick in Leipzig in Aluminium-Leichtbauweise hergestellt. Es besteht aus einer zweiteiligen Einheit, die durchgehend begehbar ist und durch ein zusätzliches Mittelteil ergänzt werden kann.

Das System ist auch für den Gütertransport geeignet. Beispielsweise für eine effiziente Verbindung von stark frequentierten Container-Hubs, Hafenterminals und deren Anbindung an umliegende Verteilzentren.

Ein durchaus zukunftsträchtiges System, für das das Interesse geweckt werden muss. Daher ist die Fa. Bögl sehr daran interessiert, ihr System allen Interessierten zu präsentieren. Meine erste Nachfrage zu einer Besichtigung durch die Nürnberger Eisenbahnfreunde wurde sofort positiv aufgenommen und wir erhielten umgehend mehrere Terminvorschläge, um die Wartungshalle zu besichtigen und eine Testfahrt machen zu können.

Für den 5. Oktober um 15 Uhr haben wir uns schließlich für die Präsentation des TSB angemeldet und der Einladung folgten schließlich 49 Interessierte. Damit lagen wir knapp an der maximalen Gruppengröße von 50 Personen, weil von dem Testfahrzeug nur eine Hälfte für die Mitfahrt zur Verfügung steht. Als Vertreter der Fa. Bögl wurden wir von Herrn Geiger sehr freundlich empfangen. In der Wartungshalle stellte er uns zunächst in einer ausführliche Präsentation die Entwicklungsziele dieses Systems und dessen Technik ausführlich vor. Dabei wurde auch erwähnt, dass es in China bereits eine 3,5 km lange Versuchsstrecke als Referenz gibt, die dort 2020 in sehr kurzer Bauzeit realisiert wurde. Wobei bis auf die Fahrzeuge das gesamte Baumaterial per Bahn nach China transportiert wurde. Bereits kurz nach der Inbetriebnahme konnte auf dieser Strecke eine Höchstgeschwindigkeit von 169 km/h erreicht werden.
Alle anschließend gestellten Fragen wurden von Herrn Geiger ausführlich und fundiert beantwortet.

Herr Geiger von der Fa. Bögl empfing die Gruppe auf dem Firmengelände. (Bild: Michael Mrugalla)

Als krönender Höhepunkt folgte anschließend eine Mitfahrt mit dem fahrerlosen Zug, der auf der Versuchsstrecke bis maximal 80 km beschleunigen kann. Das wurde uns auch eindrücklich vorgeführt, wobei sich das Fahrzeug sehr ruhig und erschütterungsfrei insbesondere aber auch sehr leise bewegte. Die gesamte Strecke wurde zweimal befahren, wobei uns auch das völlig problemlose Anfahren an einer starken Steigung am Ende der Strecke demonstriert wurde. Dann gab es eine weitere Fahrt, die ungefähr in der Mitte der Strecke unterbrochen wurde. Dort durften wir aussteigen und das Fahrzeug beim Vorbeifahren von außen beobachten. Auch hier war die geringe Geräuschentwicklung beeindruckend.

Der Versuchszug wurde bei der Vorbeifahrt ausgiebig fotografiert und beobachtet. (Bild: Michael Mrugalla)

Nach einer guten Stunde wurde die Besichtigung mit dem obligatorischen Gruppenfoto beendet. Es war eine gelungene Präsentation, die alle Teilnehmer sehr beeindruckt hat. Daher sei an dieser Stelle der Fa. Bögl für die bereitwillige Präsentation ihres Transportsystems und insbesondere Herrn Geiger für seine informativen Erklärung besonders gedankt.

Das gemeinsame Gruppenbild am Ende der Besichtigung. (Bild: Bernd Zöllner, zum Vergrößern aufs Bild klicken)

Weiterführende Informationen gibt es auf der Internetseite der Fa. Bögl: https://transportsystemboegl.com/

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