Besuch der Lokwelt Freilassing

Das oberbayerische Freilassing, grenznah zu Salzburg gelegen, war mit seiner Lokwelt das Ziel der wohl organisierten NEF-Ticket Tour 213.

Am hochsommerlichen Samstag, dem 19. August 2023, starteten die 17 Teilnehmer mit dem bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 noch von der DBAG gestellten Doppelstock-RE 4855 um 07:35 im Nürnberger Hauptbahnhof. Allein zwischen Neumarkt/Opf. und Obertraubling lokalisierte der mitreisende fünfjährige Tim aus dem fahrenden Zug kenntnisreich zahlreiche Standorte, die er bei Eisenbahnexkursionen mit seinem fotografierenden Vater oder Familienbesuchen bereits erkundet hatte.

Umsteigefrei und pünktlich wurde Landshut erreicht, wo ein gut besetzter Mühldorfer Triebwagen der Baureihe 628 den Anschluss über die eingleisig trassierte Hauptbahn KBS 945 nach Neumarkt-St. Veit und weiter nach Mühldorf/Obb. gewährleistete. Am dortigen Linienstern angekommen, schien es für einen Moment so, als würde auf Gleis 6 der in bayerischen Landesfarben folierte 628/928 auf die NEF-Reisegruppe warten. Aber 628 423 mit dem Taufnamen „Stadt Bogen“ bildete den Gegenzug nach Landshut, sodass mit 928/628 626 ein verkehrsrotes Exemplar der hier noch weit verbreiteten Baureihe die Weiterfahrt als RB 27977 nach Freilassing (und weiter nach Salzburg) übernahm.

628 423, einer der beiden im „Bahnland Bayern“ – Dekor folierten Triebwagen seiner Baureihe, steht in Mühldorf (Obb.) auf Gleis 6 abfahrbereit als RB 45 nach Landshut. Im Westabschnitt des Bahnsteiges steht 928 626, der die Reiseteilnehmer des NEF nach Freilassing bringen wird. (Bild: Ferdinand von Rüden)

Bei der Vorbeifahrt am regional bedeutsamen Betriebshof konnten interessierte Mitreisende noch zahlreiche Dieselloks der Baureihe 218 ausmachen, die neben den Baureihen 245 und 628 und vereinzelten 642 das Regio-Netz der Südostbayernbahn (SOB) bedienen. Im anschließenden Streckenabschnitt bis Tüßling waren die massiven Begleiterscheinungen des hier bereits erfolgten zweigleisigen Streckenausbaus hautnah zu erleben: hohe Schallschutzwände zu beiden Seiten der Gleise, entfallene Flügelsignale samt mechanischem Stellwerk, umfassend eingehaustes Stationsgebäude, aber auch barrierefreier Zugang zum neu errichteten Mittelbahnsteig.

Blick auf den Bahnhof Mühldorf mit zahlreichen zur Wochenendruhe abgestellten Lokomotiven der Baureihen 218 und 245. (Bild: Ferdinand von Rüden)

Wenn auch im weiteren Trassenverlauf über Garching (Alz), Tittmoning-Wiesmühl, Fridolfing, Kirchanschöring und Laufen (Obb) bis Freilassing noch eingleisig, lassen sich schon nahezu überall die Vorboten zum beschlossenen zweigleisigen Ausbau der 65 km langen Hauptbahnstrecke als „Magistrale für Europa“ erkennen. Die Tage von idyllischer, naturnaher Streckenführung, Flügelsignalen und Spannwerken samt kleinen typischen, zum Teil noch besetzten Bahnstationen sind somit absehbar gezählt. Aktuell mag man sich den finalen Ausbauzustand als zweigleisige, elektrifizierte und weitestgehend von Lärmschutzwänden zugebaute Entlastungsstrecke für den Korridor München – Salzburg in diesem malerischen Landschaftsgefüge nicht vorstellen…

Aus dem Fahrgastraum des 628 626 gelang dieser Blick auf die noch vorhandenen Spannwerke im Kreuzungsbahnhof Laufen (Obb.). Wenn am 04. Dezember 2023 drei von Mühldorf aus ferngesteuerte elektronische Stellwerke (ESTW) in Betrieb gehen, hat hier nicht nur die vorhandene Signaltechnik, sondern auch das älteste Stellwerk im Bereich der Südostbayernbahn ausgedient. (Bild: Ferdinand von Rüden)

Nach Ankunft in dem von umfassenden Umbauarbeiten gezeichneten Bahnhof von Freilassing (das bis vor 100 Jahren noch Salzburghofen hieß) ging es zielstrebigen Schrittes ins nahegelegene Gasthaus „Wieninger Bräu“, wo schattige Plätze im Freien für wohlige Temperaturen sorgten und den zünftigen Rahmen für Speis und Trank boten.

Soeben dem Zug entstiegen, sehen die mitgereisten NEF-Mitglieder erwartungsfroh dem Reiseprogramm in Freilassing entgegen. (Bild: Ferdinand von Rüden)

Der anschließende, schweißtreibende Fußmarsch zur Lokwelt zog sich bei der Hitze für so manchen Teilnehmer dann trotz der anfänglich gemutmaßten 10 bis 15 Gehminuten doch quälend lang hin.

Bei weit über 30 Grad Aussentemperatur war auf dem Weg zur Lokwelt eine Bank im Schatten ein begehrter Rastplatz. Rechts im Bild der Autor dieses Beitrages, Ferdinand von Rüden. (Bild: Frank Türpitz)

Vor Ort – im zwischen 1902 und 1905 erbauten und ab 2004 liebevoll restaurierten Rundlokschuppen – empfing uns der ehrenamtlich tätige und langjährige Betriebseisenbahner Alois Lanzinger. Nach einer kurzen filmischen Darbietung führte er die NEF-Gruppe hochmotiviert zu den zahlreichen Exponaten aus 150 Jahren Bahngeschichte und erläuterte diese äußerst fachkundig.

An der aufgeschnittenen Fahrzeugseite der E 16 07 erläutert Alois Lanzinger kenntnisreich die Funktionsweise des Buchli-Antriebes. (Bild: Ferdinand von Rüden)

Mit seinen 86 Jahren vermittelte er begeistert die „Faszination Bahn“, die sich seit der Eröffnung am 02. September 2006 über 17 Ausstellungs- und drei Werkstattgleise (samt funktionsfähiger Drehscheibe) erstreckt. Für die Einzeldarstellung aller ausgestellten Fahrzeuge, Maschinen und sonstigen Exponate sei an dieser Stelle auf das umfassende Reisebegleitprogramm des 1. Vorsitzenden der Nürnberger Eisenbahnfreunde, Raimund Scheder, verwiesen.

Lediglich in aufwändig aufgearbeiteten Fragmenten kann die einst stolze 18 527 ihre ruhmreiche Vergangenheit als Schnellzuglok andeuten. (Bild: Ferdinand von Rüden)

Das weitläufige Gelände samt Gebäuden des bis 1994 von der DBAG genutzten ehemaligen Betriebswerks Freilassing steht seit 1998 unter Denkmalschutz. Es wurde 2003 von der Stadt in Kooperation mit dem Deutschen Museum in München erworben und beherbergt nunmehr als dessen Außenstelle zahlreiche Ausstellungsschätze.

Zu den Höhepunkten der Fahrzeugausstellung in der Lokwelt Freilassing zählen diese drei Loks. Mit 144 508 wurde Jahrzehnte lang der Verkehr nach Bad Reichenhall und Berchtesgaden abgewickelt. Die 103 167 verkörpert das Paradepferd der späten Deutschen Bundesbahn und war auf dem Weg nach und von Österreich regelmäßig in Freilassing auf der Durchreise. V 140 001 schließlich war bei ihrer Fertigstellung im Jahr 1935 die erste Diesellok der damaligen Deutschen Reichsbahn (DR) mit hydraulischer Kraftübertragung. Als ehemaliges Exponat im Deutschen Museum in München wurde sie im Jahr 2006 auf dem Schienenweg in die Lokwelt Freilassing überführt. (Bild: Ferdinand von Rüden)
Unser Vorsitzender und Reiseleiter Raimund Scheder läßt die Lokwelt in Ruhe auf sich wirken. (Bild: Frank Türpitz)
Die Schnellzuglokomotive schlechthin für die Strecke Salzburg – München war über lange Jahre hinweg die Baureihe E 16 (seit 1968: BR 116). Unter anderem vom Bw Freilassing aus eingesetzt, waren die letzten Vertreter der mit Buchli-Antrieb ausgerüsteten Loks noch bis 1980 im Einsatz. (Bild: Ferdinand von Rüden)

Den Kontrast zwischen Heute und Einst vor Augen, erinnerte sich so mancher Reiseteilnehmer auf dem Weg zurück zum Bahnhof wehmütig an die zu Bundesbahnzeiten noch so rege Betriebsamkeit, als die im bedeutsamen hiesigen Bahnbetriebswerk langjährig beheimateten und bestens gepflegten Baureihen 116, 118 und 144.5 noch zum alltäglichen Bild und Anziehungspunkt der Eisenbahnerstadt zählten.

Sehr entspannt verlief dann die Fahrt im klimatisierten Triebwagen der Bayerischen Regiobahn (BRB) in die bayerische Landeshauptstadt. Auf dem Fußweg vom Holzkirchener Flügelbahnhof in die Haupthalle des Münchner Hauptbahnhofs verlockten die langen Schaufensterfronten des am „Gleis 11“ etablierten Modellbahn Fachgeschäfts einige Hobbyfreunde noch zum kurzen Verweilen.

Die folgende letzte Streckenetappe München – Nürnberg im MNE (München – Nürnberg Express) geriet dann zu einem eher fragwürdigen Fahrterlebnis. Unmittelbar vor Einfahrt des Zuges zwang eine kurzfristige Gleisänderung die in (über-) großer Zahl wartenden Fahrgäste zu einem eiligen Bahnsteigwechsel, was in München meist mit längeren Wegen und entgegenkommenden Fahrgastströmen verbunden ist. Die um einen Wagen geschwächte – nur fünfteilige – SKODA-Dosto-Garnitur des RE 4040 erwies sich dann nicht nur als eindeutig zu kurz für die Mitreisewilligen, sondern auch als Zumutung für mindestens 2/5 der Fahrgäste, funktionierte die Klimaanlage doch nur in drei der Doppelstockwagen… Die Ankunft in Nürnberg schien dann – ungeachtet der vielen schönen Eindrücke des Ausflugstages – wie eine Erlösung aus Hitze und Enge des RE 1.

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